Der Stress der Remote-Arbeit!

Wie gehe ich mit dauerhafter Remote-Arbeit am besten um und welche Gefahren lauern?

In meinem heutigen Blogartikel soll es einmal um das Thema Remote-Arbeit gehen. Nicht im klassischen Sinne von 1-2 Tagen die Woche remote, sonder von dauerhaftem remote Arbeiten, d.h. mehrere Monate am Stück.

Der allgemeine Trend in unserer modernen Arbeitswelt, geht immer mehr zum remote Arbeiten. Was früher nur in „coolen“ Start Ups möglich war, greift so langsam auch in der Konzernwelt um sich. Die Neugestaltung von Arbeitsplätzen und die Verdichtung der Büroräume, führen immer häufiger dazu, dass Angestellte (vor allem in der IT) keinen festen Arbeitsplatz mehr haben. Auch ich habe dieses Modell als Berater, bei meinem früheren Arbeitgeber, erfahren dürfen.

Während meiner Zeit als Angestellter und nun als Freiberufler, komme ich immer wieder mal in den Genuss von remote-Arbeit. An sich eine prima Sache, wenn man sich morgens ohne Kleiderordnung einfach an den heimischen Rechner setzen kann, ohne vorher den teilweise zeitintensiven Arbeitsweg in Kauf nehmen zu müssen.  Vor allem als Freiberufler habe ich schon in Projekten gearbeitet, die für mich ausschließlich remote stattfanden.  Darum soll es in diesem Artikel gehen. Ihr habt sicher alle schon einmal Remote gearbeitet, oder kommt regelmäßig in den Genuss davon.  Die vielen Vorteile von remote Arbeit sind sicherlich den meisten bereits bekannt. Doch heute möchten wir uns einmal kritisch mit dem Thema Remote Arbeit auseinandersetzen, denn jede Medaille hat zwei Seiten. Ein großes Thema, welches fast nie angesprochen wird, ist die soziale Isolation bei dauerhafter remote Arbeit und der ständige Stress. Diese Beiden Faktoren möchte ich heute etwas genauer unter die Lupe nehmen und analysieren. Gehen wir im Folgenden nun einmal auf die einzelnen Punkte ein, welche mit den Faktoren verbunden sind:

1) Entmenschlichung

Wenn du remote Arbeitest, dann findet die Kommunikation mit deinen Kollegen meist auf vorher festgelegten Kommunikationswegen statt.  Beliebte Kanäle sind Chat-Tools wie Lync, Tools zum Aufgabenmanagement wie Jira oder Trello, ein paar globale Meetings zum Unternehmensstaus und jede Menge Emails. Das funktioniert an sich gut um strukturiert deine Aufgaben zu erledigen und effizient Kommunizieren zu können, jedoch bekommt man mit der Dauer der Zeit das Gefühl völlig von der Gesellschaft losgelöst zu sein. Die Tatsache, dass die meisten Mitteilungen der oben genannten Kanäle in schriftlicher Form geschehen, oder vor der Gruppe, macht es fast unmöglich einen kleinen Small-Talk zu halten und informelle Information unkompliziert auszutauschen („Flurfunk“ ist hier das richtige Wort dafür). Dies kann eure Arbeit beeinflussen, da ein kurzer Chat euch zwar einen Einblick über den „aktuellen Stand“ im Projekt geben kann, jedoch verhindert es auch, dass ihr euch als Teil einer Gemeinschaft seht.

Zudem ist schriftlicher Austausch auch sehr anfällig für Fehlinterpretation. Häufig wird beim Leser (auch wenn ihr den Kollegen sehr gut kennt) eine gerade vorherrschende Emotion in euren eigentlich neutralen Text rein interpretiert und es kommt ungewollt zu Konflikten. Des Weiteren ist es sehr ermüdend, wenn man sowieso schon remote den ganzen Tag vor dem PC sitzt, seine Kommunikation auch noch in schriftlicher Form abwickeln zu müssen. Es kann leicht das Gefühl aufkommen, eine reine Textbearbeitungsmaschine zu sein. Stellt euch zudem mal vor, ihr seid Teil eines Teams und arbeitet als Einziger remote, während eure Kollegen zusammen im Büro sitzen und Spaß haben. Dies kann sehr bedrückend werden und zur „Entmenschlichung“ mit eurem Arbeitsumfeld beitragen.

2) Unterbrechungen und Multitasking

Wenn ihr remote arbeitet, wird der oben erwähnte Chat, zu eurer Lebensader in Richtung Firma. Die Kollegen/Kolleginnen werden euch bevorzugt über den Chat kontaktieren, da dieser schnell und einfach nutzbar ist. Viele kennen das Problem, dass wenn eine Chat Nachricht reinkommt, ihr zeitnah darauf reagiert und auch in der Mittagspause regelmäßig ein Auge drauf werft, um nichts zu verpassen. Doch geht es wirklich darum nichts zu verpassen?

Nein, denn in Wirklichkeit wollt ihr einfach nur eine gewisse Sichtbarkeit und Erreichbarkeit signalisieren, da im Gegensatz zur physischen Präsenz im Büro, euch an diesem Tag noch niemand hat arbeiten sehen. Wenn ihr jetzt auch noch im Chat nicht ständig verfügbar seid, dann könnten die Kollegen schnell den Eindruck bekommen, dass ihr viele Pausen macht.  Ich habe es schon erlebt, dass sich Kollegen im Büro kritisch darüber unterhalten, dass der Kollege/die Kollegin im Chat nicht sofort erreichbar war.

Das Problem dahinter ist, dass die Kollegen/Kolleginnen euch nicht physisch sehen könne. Sie können also Momentan nicht einschätzen ob ihr konzentriert arbeitet, oder ob man euch ansprechen kann. Wenn ihr, wie ich, sehr gewissenhaft seid und auf Nachrichten sofort antwortet, werdet ihr definitiv sehr oft abgelenkt werden und verliert eure Konzentration und euren „Flow“.

3) Überstunden

Im Job gibt es immer zwei Arten von Verpflichtungen die einhergehen.

Die Ergebnispflicht:

Hier verpflichtest du dich, ein bestimmtes Ergebnis, zu einem bestimmten Datum abzuliefern. Als Beispiel dafür kann ein „Sprint“ dienen.

Die Sorgfaltspflicht:

Mit dieser Pflicht geht einher, dass du jeden Tag einen gewissen Zeitanteil für deinen Arbeitgeber aufwendest, um die genannten Ergebnisse zu erzielen.

In der IT-Welt kommt es in den meisten Fällen auf Ergebnisse an. Wenn ein Entwickler das Programm einfach nicht fertig bekommt, oder der Projektmanager andauern die Meilensteine überschreitet wird er gefeuert, da macht sich hier glaube ich niemand was vor. Der Nachteil der remote Arbeit hierbei ist, dass ihr euch gezwungener fühlt jeden Tag nachweisbare Ergebnisse zu liefern, da man euch ja nicht physisch arbeiten sieht.

Dies kann dann schnell die tägliche 8h Grenze der Arbeitszeit sprengen. Wenn ihr euch z.B. morgens mit eurem Team „commited“ habt, dass ihr Abends ein gewisses Ergebnis liefern wollt, dann fühlt ihr euch dadurch so sehr verpflichtet, dass ihr den Erwartungen gerecht werden wollt, da euch ja keiner physisch arbeiten sieht und euch Faulheit unterstellt werden kann, wenn das Ergebnis nicht wie „commited“ geliefert wird. Wo ist jetzt das Problem fragt ihr euch? Stellt euch vor, ihr habt zwischendurch einen Kundenanruf der zwei Stunden dauert, bekommt ein Supportticket rein, oder müsst für ein anderes Team etwas machen. Sehr schnell landet ihr dann in einer Spirale aus „Commitment“ und „unvorhergesehenen Aufgaben“. Überstunden sind im Endeffekt vorprogrammiert.

Kann man diesem entgegenwirken? Die klare Antwort lautet ja! Im Endeffekt läuft alles auf Vertrauen hinaus. Wenn euer Team und euer Arbeitgeber euch vertraut, dann habt ihr weniger psychologischen Zwang das „Commitment“ unter allen Umständen einzuhalten. Mit einer guten Vertrauensbasis fällt die Kommunikation über die „Unterbrechung“ der Hauptaufgabe an das Team leichter und stößt auf mehr Akzeptanz.

4) Einsamkeit

Arbeiten von Zuhause kann einsam machen. Ich genieß es persönlich auch mal alleine zu sein, aber spätestens nach zwei Wochen kommt das Gefühl der sozialen Bedürfnisse wieder hoch. Ich vermisse das Gefühl in eine Gemeinschaft integriert zu sein. Auch soziale Netzwerke können hier nicht helfen, im Gegenteil. Es ist mittlerweile bekannt, das soziale Netzwerke eher antisoziale Netzwerke heißen müssten, da Sie depressive Gemütszustände schneller hervorrufen können oder sogar verschlimmern.

Soziale Isolation wirkt sich schlecht auf das Gemüt und die Lebenserwartung aus. Menschen sind nun mal soziale Wesen.

Eine Möglichkeit der sozialen Isolation bei längerer remote Arbeit aus dem Weg zu gehen sind sog. Co-Working Spaces, welche heutzutage in jeder größeren Stadt zu finden sind.  Dort muss man sich zwar häufig erst mal anmelden und eine monatliche Gebühr zahlen, mit etwas Glück übernimmt dies jedoch der Arbeitgeber. Die Co-Working Spaces bieten zahlreiche Abwechslungen (wie z.B. gemeinschaftliches Kochen oder Meetups über bestimme Themen usw.) und dienen auch als gute Plattform zum Networking. Hier findet man viele Gleichgesinnte mit vielen tollen Ideen und Lebensgeschichten. Nur sollte man seine eigentliche Arbeit dabei nicht vergessen.

Eine andere Möglichkeit ist es natürlich, sich stärker mit der Familie zu beschäftigen.

5) Abgrenzung zwischen Arbeit und zu Hause

Wenn du remote arbeitest , verlässt du deinen Arbeitsplatz eigentlich nie. Wer kennt es nicht, um 19 Uhr noch eine Telefonkonferenz mit einem Kunden/Kollegen zu haben und danach sofort an den Familientisch zum Abendessen zu kommen, ohne die Möglichkeit zu haben geistig abzuschalten.

Private Themen und Arbeitsthemen mischen sich sehr schnell und die klare Trennung der zwei Welten verschwimmt. Mein Tipp: Nach Arbeitsende möglichst Computer aus und 15-20 Minuten rausgehen.

6) Karriererisiko

Remote Arbeit kann ein Karrierekiller sein, aus den hier schon erwähnten Gründen der physischen Abwesenheit vom Büro. Die Sichtbarkeit beim Chef geht deutlich runter und „präsentere“ Kollegen könnten bei Beförderungen bevorzugt werden.

7) Abbau sozialer Kompetenzen

Mein Lieblingsthema und hier, zum Abschluss, mit etwas Humor versehen. Ihr müsst aufpassen, dass euch eure Sozialkompetenzen nicht abhandenkommen und ihr später im Büro als Berggorilla wahrgenommen werdet.

Fazit:

Remote Work hat seine Vorteile und Nachteile. Wie im richtigen Leben hat jeder Mensch unterschiedliche Präferenzen zu diesem Thema. Ich hoffe ich konnte euch einige Aspekte näher bringen und euch zum Nachdenken anregen. Solltet Ihr geplant haben für längere Zeit remote zu arbeiten, konnte ich euch hoffentlich auch einige neue Betrachtungswinkel mitgeben.

Viele Grüße,

Sören, der Consulting-Coach!

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